Marktplatztrends 2022: Raus aus der Nische und rein in Secondhand
Die schon bislang unübersichtliche Marktplatzlandschaft legt an Komplexität noch eine Schippe drauf, zeigt die Studie “DIE MARKTPLATZWELT 2022” von ecom consulting und gominga. Viele Nischenmarktplätze erschließen sich angrenzende Kategorien. Und der Trend zu Secondhand erfasst die ganze Branche. Markenhersteller müssen darauf eine Antwort finden.
Auf jedem dritten Online-Marktplatz im DACH-Raum wird inzwischen auch mit gebrauchten Waren gehandelt. Das zeigt die aktuelle Studie “DIE MARKTPLATZWELT 2022” von ecom consulting und gominga. Von insgesamt 214 Consumer-Marktplätzen, die die Autoren im DACH-Raum zählten, haben 72 nachhaltige oder Secondhand-Produkte im Sortiment. Und unter den rund 100 seit 2020 neu dazugekommenen Marktplätzen positionieren sich 38 mit einem eindeutigen Nachhaltigkeitsversprechen, 24 davon sind sogar reine Secondhand-Marktplätze.
Anders als auf den ersten Blick erwartet, fokussiert das Angebot längst nicht nur auf den Modebereich. Zwar ist dort die Zahl der Player, die auch gebrauchte Produkte listen, mit insgesamt 11 von 114 absolut am höchsten. Doch prozentual gesehen haben Automotive- und Electronics-Marktplätze das größere Secondhand-Angebot. Während im Modesegment nur 9,6 Prozent der Marktplätze auch gebrauchte Mode anbieten, sind es bei Automotive 12,7 Prozent und bei Electronics-Marktplätzen 10,5 Prozent. Insgesamt gibt es mit Ausnahme von Food & Beverages, Health & Beauty und DIY keine Produktkategorie mehr, in der sich kein Marktplatz finden lässt, über den nicht auch Secondhand-Ware verkauft wird.
Markenhersteller müssen den Zweitmarkt künftig von Anfang an mitdenken
“Die Zeiten, in denen es in vielen Segmenten außer eBay überhaupt keinen relevanten Online-Zweitmarkt gab, sind vorbei”, konstatiert Ralph Hübner, Partner bei der E‑Commerce-Beratung ecom consulting und Mitautor der Studie. “Markenhersteller von werthaltigeren Produkten stehen fortan vor der Aufgabe, sich nicht nur um Launch und Vermarktung ihrer Produkte zu kümmern, sondern strategisch auch den Zweitmarkt von Anfang an mitzudenken.”
Doch nicht nur im Secondhand-Bereich wird die aktuelle Marketplace-Landscape noch komplexer als bislang. Auch in den einzelnen Kategorien entstehen für Händler und Brands neue Opportunities. Denn inzwischen ist vermehrt zu beobachten, dass viele Player, die als spezialisierte Nischenplayer gestartet sind, sich zügig weitere zwei bis drei verwandte Kategorien erschließen und somit größere Bedarfsbereiche ihrer Zielgruppen abdecken. So werden häufig Angebote aus den Bereichen Fashion, Sport, Kosmetik, Spielwaren oder Interieur Design kombiniert. Insgesamt fanden die Studienautoren unter den Online-Marktplätzen 134 Spezialisten (Gesamtanteil: 63 Prozent), 36 Multicategory-Stores (17 Prozent) sowie 44 Everything-Stores (20 Prozent). “Wir haben in der Studie eine Kategorie-Heatmap der Marktplatzlandschaft erstellt, die anschaulich verdeutlicht, in welchen Segmenten es heute schon heiß zugeht und wo zeitnah mit Aufholprozessen zu rechnen ist. Gleichzeitig ist zu sehen, welche brachiale Macht das Thema Circular- und Secondhand bereits entwickelt hat”, erklärt Hübner. “Markenhersteller sollten aus unserer Sicht deshalb unbedingt die Heatmap der eigenen Kategorien analysieren und zusammen mit der Zweitmarkt-Frage auf die Agenda der Geschäftsleitung setzen.“
Das Spektrum der Anbieter wird in allen Kategorien unübersichtlich
Schaut man auf die Kategorien, gibt es wenig überraschend in dem generell stark umkämpften Segment Fashion und Sport mit Abstand die ausgeprägteste Anbieterlandschaft. Aber auch die meisten anderen Kategorien werden inzwischen nicht mehr nur von einem oder wenigen Marktplätzen abgedeckt. In den meisten Kategorien ist das Spektrum der Anbieter inzwischen ausgewachsen bis unübersichtlich — es herrscht in allen Produktkategorien ein intensiver Wettbewerb der Marktplätze. So sind beispielsweise im Health & Beauty-Bereich nur vier echte Spezialisten präsent, aber parallel dazu gibt es immer mehr Multicategory-Marktplätze oder Anbieter, die derartige Produkte partiell offerieren.
„Neben dem Kampf um die Hoheit über die Kund:innen in diesen Nischen durch die Marktplätze liegt die große Herausforderung insbesondere für Markenhersteller darin, die Diversität an Anbietern zu managen“, bilanziert gominga-Mitgründer und Managing Director, Christian Driehaus. Auf der einen Seite müssen sie ein wesentlich größeres Feld beackern, um alle Potenziale für neue Absatzkanäle und Zielgruppen zu erschließen. Auf der anderen Seite müssen sie aus Risiko- beziehungsweise Kontrollgesichtspunkten immer mehr Marktplätze im permanenten Monitoring erfassen. Auch die Verwobenheit der Marktplätze miteinander, indem Aggregatoren wie Idealo oder Google Shopping die günstigsten Produktangebote an Toppositionen in den Suchergebnissen ranken, sorge für Herausforderungen. „Im Zweifel wird dadurch das Spotlight auf mangelhafte Produkt- und Markendarstellungen gerichtet“, so der Marktplatz-Profi. Eine professionelle Marktplatz-Strategie sei daher 2022 noch unverzichtbarer als bisher.
Die neue Ausgabe der MARKTPLATZWELT 2022 – Online-Markplätze und ihre Erfolgsfaktoren”, powered by den Top-Partnern Arvato Supply Chain Solutions und Lengow, steht ab sofort kostenfrei zum Download zur Verfügung:
Autor:
Saskia Müller & Kollegen
Saskia Müller, Founder & Managing Director
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