Foto: Messe Düs­sel­dorf / ctillmann

Digitale Zwillinge und Durchblick im Datendschungel — Wissenschaftspreis 2022 für die besten Lösungen für den Handel

Am 01. Juni 2022, feierten rund 250 Spitzenkräfte auf Ein­ladung von EHI Stiftung und GS1 Ger­many die 15. Ver­lei­hung des Wis­senschaft­spreis­es im Rah­men der Euro­CIS in Düs­sel­dorf. Aus­geze­ich­net wur­den Star­tups, Koop­er­a­tio­nen zwis­chen Hochschulen, Han­del und Indus­trie sowie akademis­che Arbeit­en. Alle haben gemein, dass sie mit ihren Ansätzen Han­del­sun­ternehmen Lösun­gen für unter­schiedliche Her­aus­forderun­gen bieten. In diesem Jahr haben der promi­nent beset­zte Beirat und Jury Arbeit­en und Pro­jek­te aus­geze­ich­net, die sich mit dig­i­tal­en Zwill­in­gen, dem Datend­schun­gel der sozialen Medi­en oder dem dat­en-getriebe­nen Erleb­nis­man­age­ment wid­men. Die Ausze­ich­nung ist mit ins­ge­samt 85.000 Euro dotiert.

Preisträgerinnen und Preisträger des Wissenschaftspreis 2022

Start­up Ubi­ca Robot­ics: Dig­i­taler Zwill­ing der Filiale

Die Fil­ial­lo­gis­tik macht fast die Hälfte der der gesamten Kosten der Han­del­slo­gis­tikkette aus. Den­noch sind beson­ders Prozesse in den Fil­ialen wie der Auf­bau ein­er Fil­iale, die Bestück­ung der Regale oder der exak­te Pro­duk­tbe­stand häu­fig intrans­par­ent und oft noch weit ent­fer­nt von digital.

Das hat das Start­up Ubi­ca, das 2020 von Fer­enc Bálint-Benczé­di, Georg Bar­tels, Alex­is Mal­don­a­do, Jonas Reil­ing gegrün­det wurde, zum Anlass genom­men, autonome, mobile Scan­ro­bot­er, die mit­tels kün­stlich­er Intel­li­genz und Bild­ver­ar­beitung dig­i­tale Fil­ialzwill­inge (seman­tis­chen Umge­bungsmod­ellen von Fil­ialen) erstellen. Die dig­i­tal­en Fil­ialzwill­inge repräsen­tieren tage­sak­tuell den Auf­bau der Fil­ialen sowie die Bestück­ung der Regale und verknüpfen diese mit Stam­m­dat­en der Händler. Damit erre­ichen sie einen wertvollen Ein­blick in den Auf­bau von Fil­ialen und Pro­duk­t­platzierun­gen, meint der Beirat. Sie ermöglichen sta­tionären Händlern, eine Vielzahl ziel­gerichteter Prozes­sop­ti­mierun­gen zu imple­men­tieren und sich mit strate­gis­chen Opti­mierun­gen einen klaren Wet­tbe­werb­svorteil zu verschaffen.

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Start­up Trace­less Mate­ri­als: Alter­na­tive zu Kunststoffverpackungen

Das Start-Up Trace­less Mate­ri­als hat eine ganzheitlich nach­haltige Alter­na­tive zu Kun­st­stoff entwick­elt. 2020 von Dr. Anne Lamp sowie Johan­na Baare gegrün­det, bieten die Grün­derin­nen mit ihrem Bio­ma­te­r­i­al eine Lösung gegen Plas­tikver­schmutzung. Die zum Patent angemeldete Tech­nolo­gie ermöglicht es erst­mals, aus Rest­stof­fen der Agrarindus­trie ein Mate­r­i­al herzustellen, dessen Eigen­schaften mit denen herkömm­lich­er Kun­st­stoffe und Biokun­st­stoffe ver­gle­ich­bar sind. Das inno­v­a­tive Mate­r­i­al ist voll­ständig biozirkulär; dies bedeutet: Unter natür­lichen Bedin­gun­gen — beispiel­sweise auf dem Heimkom­post – ist es biol­o­gisch abbaubar. Ver­glichen mit Neukun­st­stoff verur­sacht die Her­stel­lung und Entsorgung von trace­less bis zu 87% weniger CO2-Emis­sio­nen. Das trace­less Basis­ma­te­r­i­al lässt sich zu flex­i­blen Folien, rigi­den Pro­duk­ten oder Beschich­tun­gen ver­ar­beit­en. Plas­tik wird so in ein­er Vielzahl von Pro­duk­ten erset­zbar. trace­less ist dadurch ein Pio­nier im Markt der Kunststoffalternativen.

Dis­ser­ta­tion: Machine Learn­ing Meth­ods for Data-Dri­ven Marketing

Das Image von Han­del­sun­ternehmen wird nicht mehr von Wer­bekom­mu­nika­tion allein definiert – über soziale Medi­en gestal­tet die Kund­schaft das Bild eines Unternehmens mit. Das Prob­lem: 80–95 Prozent aller Dat­en, die Unternehmen zur Ver­fü­gung ste­hen, sind laut Schätzun­gen unstruk­turi­ert. Mit Deep Learn­ing ist diese Fülle an unstruk­turi­erten Dat­en in Form von Tex­ten und Bildern zugänglich gemacht wor­den. In der Dis­ser­ta­tion zeigt Dr. Jochen Hart­mann von der Uni­ver­sität Ham­burg, wie aus Text- und Bild­dat­en automa­tisiert Vari­ablen extrahiert wer­den kön­nen, um damit neue Erken­nt­nisse für das Mar­ket­ing zu ermöglichen. Ins­ge­samt ergibt sich ein im Mar­ket­ing ein inno­v­a­tiv­er, neuar­tiger Überblick zur Text- und Bil­d­analyse, die ein­drucksvoll das Poten­zial der neuen Tech­nolo­gien ver­an­schaulicht, aber gle­ichzeit­ig die Lim­i­ta­tio­nen trans­par­ent macht.

Mas­ter: Ana­lyt­ics-Anwen­dung für das Kun­den­er­leb­nis­man­age­ment im sta­tionären Handel

Während Organ­i­sa­tio­nen im E‑Commerce von der Ver­füg­barkeit von Dat­en und den Mit­teln der Web-Ana­lyt­ics prof­i­tieren, fehlen dem sta­tionären Han­del die Dat­en für ein effek­tives Erlebnismanagement. 

Foto: Messe Düs­sel­dorf / ctillmann

Sta­tionäre Einzel­händler stützen sich bei der Gestal­tung des Kun­den­er­leb­niss­es haupt­säch­lich auf ihr Fach­wis­sen und nur sel­ten auf Date­n­analy­sen. Die Mas­ter­ar­beit „Data-Dri­ven Retail Expe­ri­ence –Design­ing an Ana­lyt­ics Appli­ca­tion for Sta­tion­ary Retail” von Niclas Musies möchte den struk­turellen Nachteil des sta­tionären Han­dels gegenüber dem E‑Commerce im Bere­ich des Cus­tomer Expe­ri­ence Man­age­ments auflösen. Der 28-jährige Stu­dent von der Uni Mün­ster beschreibt in sein­er Arbeit die Entwick­lung ein­er Ana­lyt­ics-Anwen­dung für das Kun­den­er­leb­nis­man­age­ment im sta­tionären Han­del. Das Ergeb­nis ist eine mobile und Desk­top-Anwen­dung für sta­tionäre Einzel­händler, die ver­schiedene Arten von Dat­en kom­biniert und analysiert.

Lehrstuhl­pro­jekt: Aktivierung des nach­halti­gen Ver­brauch­ers; Uni­ver­sität Mannheim, Ernsting’s family

Fortschritte im Wan­del zu unternehmerisch­er Nach­haltigkeit sind abhängig von der Waren­pro­duk­tion der Unternehmen, als auch von den Kon­sumentschei­dun­gen der Men­schen. Während Unternehmen und Ver­brauch­er aktuell eher getren­nt voneinan­der zu ein­er nach­halti­gen Entwick­lung beitra­gen, liegt der Erfolg darin, die gemein­samen Anstren­gun­gen zu beschle­u­ni­gen. Die Studie von Prof. Dr. Lau­ra Marie Edinger-Schons, Prof. Dr. Johann Nils Foege sowie Manuel Repp­mann und Stephan Harms (Ernsting’s fam­i­ly) beleucht­en die Aktivierung des nach­halti­gen Ver­brauch­ers. Ihr konzep­tionelles Mod­ell zeigt auf, wie Unternehmen ihre Kun­den zu nach­haltigem Kon­sumver­hal­ten motivieren kön­nen, indem sie sie in ihre Nach­haltigkeit­sak­tiv­itäten ein­beziehen. Im Ergeb­nis ergibt sich ein Beitrag zur Man­age­ment­forschung, der ver­an­schaulicht, wie Unternehmen über die Bere­it­stel­lung nach­haltiger Pro­duk­te und Dien­stleis­tun­gen hin­aus­ge­hen und das Kon­sumver­hal­ten aktiv gestal­ten kön­nen. Geforscht wurde am Lehrstuhl für nach­haltiges Wirtschaften an der Fakultät für Betrieb­swirtschaft­slehre der Uni­ver­sität Mannheim sowie durch die Pro­fes­sur für Inno­va­tion­s­man­age­ment an der Wirtschaftswis­senschaftliche Fakultät der Leib­niz Uni­ver­sität Hannover.

Der Wis­senschaft­spreis wird unter­stützt von unseren Part­nern Eye square, Fer­rero, KPMG und Relex.

Autoren:

Ute Holt­mann,
EHI Retail Institute,
Lei­t­erin Pub­lic Relations
holtmann@ehi.org