Finanzguru-Fake-Shop-Report 2024: Mehrere Hunderttausend Deutsche fallen jährlich auf Fake-Shops rein
Der erste Finanzguru-Fake-Shop-Report ist da – mit alarmierenden Zahlen: Demnach wurden den Hochrechnungen zufolge 301.000 Menschen im Jahr 2023 Opfer von Fake-Shops. Der Report, den Finanzguru gemeinsam mit LexMentis erstellt hat, ein Dienst, der mit www.schummelrechnungen.de betrügerische IBANs identifiziert, ist deutschlandweit bislang einzigartig. Er weist auf Missstände hin, um Verbraucher und Verbraucherinnen zu schützen.
“Die Ergebnisse haben uns wirklich sehr überrascht”, sagt Benjamin Michel, Gründer der App Finanzguru. “Es gibt deutlich mehr Opfer, als wir erwartet hätten. Besonders ärgerlich ist, dass viele der betrügerischen Überweisungen präventiv hätten verhindert werden können. Leidtragende sind neben den Opfern vor allem kleinere Online-Shops, da das Vertrauen in kleine Webshops durch Fake-Shops geschädigt wird. Jetzt sind alle Beteiligten gefragt, um effektivere Maßnahmen zur Betrugsprävention zu ergreifen.”
Der finanzielle Einzelschaden ist hoch, der wirtschaftliche Gesamtschaden ebenso
Im Rahmen der Untersuchung von Finanzguru und LexMentis wurden 0,43 Prozent der Bankkundschaft Opfer von Betrugsfällen mit einem durchschnittlichen Schaden in Höhe von 313 Euro. Hochgerechnet auf rund 70 Mio. Deutsche über 18 Jahre sind von rund 301.000 Fake-Shop Opfern auszugehen. Der wirtschaftliche Schaden lag insgesamt bei mehr als 94 Mio. Euro.
- Die teuerste Überweisung eines Opfers ging im Januar 2023 mit 9.650 Euro an einen Fake-Shop für angebliche Haushaltsgeräte.
- Die günstigste Überweisung eines Opfers lag bei 0,99 Euro und ging an einen Fake-Shop für Gartenprodukte.
Bei der Untersuchung wurden ausschließlich Überweisungen an Fake-Shops berücksichtigt, die per Vorkasse oder Rechnung bezahlt wurden. Andere Betrugsmuster, wie z.B. Kreditkartenbetrug oder Enkeltrick, waren nicht Teil der Untersuchung.
Seltene Glückspilze, die ihr Geld zurückerhalten
Ein ganz besonderer Glückspilz ist dem Finanzguru-Team im Rahmen der Untersuchung ins Auge gefallen: Ein Nutzer kaufte am 26. April 2023 für 189 Euro bei dem Fake-Shop Fitnestar. Er bekam sein Geld am 2. Mai 2023 von der Postbank erstattet, weil diese die betrügerische IBAN schnell erkannt hat. Nur der Käufer schien dies noch nicht verstanden zu haben. Er überwies das Geld erneut einen Tag später und bekam es am selben Tag erneut zurück. Er überwies es am 5. Mai 2023 zum wiederholten Mal und bekam das Geld am 8. Mai wieder zurück. Danach hörte er auf, an die Betrüger zu überweisen.
Dies ist jedoch eher die Ausnahme, denn die Quote der Rückzahlungen lag, bezogen auf alle Banken, im Schnitt nur bei 7,1 Prozent – wobei Deutsche Bank (mit der Postbank und der Norisbank) hier hervorsticht: Rund 41 Prozent der Kundschaft, die Opfer von Betrug wurden, bekamen ihr Geld zurück.
Hätten Sie es erkannt? Auch diese Seite war ein Fake-Shop — immerhin der dritt erfolgreichste im Jahr 2023 (Bild: Screenshot Website fitnestar.de)
Das Erstaunliche ist: 37 Prozent der Zahlungen wurden von den Opfern ausgelöst, nachdem die IBAN von LexMentis erfasst wurde. Hier wäre ein schnelles und konsequentes Reagieren bei Banken und Behörden wünschenswert, womit diese Betrugsfälle präventiv verhindert werden könnten.
Opfer werden durch Online-Werbung gelockt – Meldungen laufen ins Leere
Die Opfer gelangen in den meisten Fällen über Werbung auf Google, Facebook, Instagram oder TikTok zu den Fake-Shops. Die Betrugs-Meldungen von Werbeanzeigen führen jedoch bei Google häufig ins Leere: Das Team von LexMentis hat im Rahmen der Untersuchung knapp 10.000 Google Suchen zum Thema “Brennholz” durchgeführt und betrügerische URLs gefunden und gemeldet – darunter der Shop best-elekt.com. Dieser Shop wurde am 25. November 2023 erstmals als betrügerische Anzeige bei Google gemeldet. Am Ende der Untersuchung, am 30. Dezember 2023, wurde der Shop noch immer bei Google beworben.
So können sich Verbraucher und Verbraucherinnen vor den Betrugsmaschen schützen
Es gibt kaum einen Bereich, in dem es keine Fake-Shops gibt. Am beliebtesten waren im Jahr 2023 Shops in den Bereichen Brennholz, Fahrräder, Kinderwagen und reduzierte Markenkleidung.
Zeichen, bei denen Sie hellhörig werden sollten:
- Der Preis ist überraschend günstig.Die IBAN kommt aus dem Ausland. Dies ist der Fall, wenn die IBAN nicht mit DE, sondern zum Beispiel mit IE oder ähnlichem startet.
- Es wird nur Vorkasse angeboten. Oder aber andere angebliche Zahlungsmethoden, etwa zu PayPal, sind nicht verlinkt.
- Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl. Wenn Sie ein entsprechendes negatives Gefühl haben, kaufen Sie woanders.
- Prüfen Sie validierte Erfahrungen, etwa auf Trustpilot oder ähnlichen Bewertungsportalen.
- Was Sie tun können, wenn Sie unsicher sind: Überprüfen Sie die URL beim Fakeshopfinder der Verbraucherzentrale.
Was zu tun ist, wenn Sie Opfer geworden sind:
- Erstatten Sie Anzeige bei der Polizei – online über die Onlinewache des Bundeslandes.
- Melden Sie den Betrug Ihrer Bank und fragen Sie, ob Informationen zu der betrügerischen IBAN bereits vorgelegen haben.
- Melden Sie den Betrug auf www.schummelrechnungen.de.
Sowohl Banken als auch Plattformen wie Google, Facebook und Co. sind nun gefragt, ihre Maßnahmen gegen Betrug zu erweitern. Ein erster Schritt: Im Rahmen der im Februar 2024 verabschiedeten EU-Verordnung zu Instant Payments wird Banken zukünftig nicht nur vorgeschrieben, Überweisungen in Echtzeit anzubieten, sondern auch den Namen mit der IBAN abzugleichen. Bis die EU-Verordnung jedoch umgesetzt wird, kann es noch viele Monate dauern.
Simon Smend, Gründer von LexMentis, ist kritisch: “Die Betrüger wechseln die IBAN nach ein bis drei Tagen. Bis die Banken unsere Nachrichten über eine betrügerische IBAN geöffnet, geprüft und eingetragen haben, vergehen wertvolle Stunden oder auch Tage. Daher ist die Verbesserung der Reaktionszeit der Banken so wichtig”, so Smend. “Es gibt mehr Opfer von Betrug, als oft angenommen wird. Viele schämen sich und zögern, dies zu melden. Wir unterstützen sie, indem wir betonen, dass Betrug jedem widerfahren kann und kein Grund für Schuldgefühle ist.”, sagt der Gründer.
Um Finanzguru-Nutzer und ‑Nutzerinnen besser vor Betrug zu schützen, hat das Unternehmen in Zusammenarbeit mit LexMentis einen Fakeshop-Check für alle Kontotransaktionen eingeführt, der in Echtzeit Betroffene in der Finanzguru-App zu verdächtigen Transaktionen warnt. Zusätzlich gibt es die Option, IBANs vor der Überweisung auf mögliche Betrugshinweise zu überprüfen.
Informationen zur Auswertung
Als Grundlage für die Untersuchung hat LexMentis 7.000 IBANs, die sie als betrügerisch identifiziert haben, an Finanzguru übermittelt. Finanzguru hat diese IBANs mit einer internen Stichprobe von mehr als einer Milliarde bei Finanzguru erfassten Bankbuchungen aus dem Jahr 2023 abgeglichen und intern ausgewertet. Unter Berücksichtigung der Dunkelziffer, also aller nicht-erfassten betrügerischen IBANs, ergab der Abgleich beider Datensätze eine Trefferquote von 0,43 Prozent der Finanzguru-Nutzerschaft. Das bedeutet, 0,43 Prozent der Finanzguru-Nutzer und Nutzerinnen haben mindestens einmal eine Überweisung an eine betrügerische IBAN vorgenommen und sind somit Opfer von Betrug geworden. Hochgerechnet auf rund 70 Mio. Deutsche über 18 Jahren ist von rund 301.000 Opfern auszugehen. Die Auswertung und Analyse wurde von einem Finanzguru-Team intern auf Grundlage pseudonymisierter Daten durchgeführt.
Wer selbst einen Betrug melden will, kann dies unter der Seite www.schummelrechnungen.de tun.
Pressekontakt:
Sabine Blumrich
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