9 Tipps, wie der Online-Handel AR/VR erfolgreich einsetzen kann

AR/VR wird im E‑Commerce gerade als neuer Trend gefeiert, der das Einkaufserlebnis verbessert. Noch allerdings ist die Customer Experience bei vielen Anwendungen ernüchternd. Denn die vermeintlich coole neue Technologie zündet nur, wenn sie dem Kunden echten Mehrwert bringt. André Roitzsch, Geschäftsführer der E‑Commerce-Agentur SHOPMACHER, hat die dafür wichtigsten Faktoren zusammengestellt.

Gesch­er, 2.11.21 – Face­book-Grün­der Mark Zucker­berg träumt vom Metaver­sum, van Moof stellt Kun­den sein neuestes Fahrrad virtuell auf den Tisch und der Luxus­daunen­jack­en-Her­steller Mon­cler eröffnet einen virtuellen Pop-up-Store bei Mythere­sa: Die Beispiele zeigen deut­lich, wie Vir­tu­al und Aug­ment­ed Real­i­ty vom Medi­um, das in der Ver­gan­gen­heit vor allem Gamer begeis­terte, zum Massen­medi­um wird.

Auch eine aktuelle Studie der Hochschule Aalen zum Ein­satz von Aug­ment­ed Real­i­ty im Online-Shop­ping zeigt: Virtuelle Pro­duk­t­präsen­ta­tio­nen im Online­han­del haben sowohl auf die Emo­tio­nen während der Nutzung von AR als auch auf die wahrgenommene Infor­ma­tion­s­menge und das Kaufver­hal­ten einen pos­i­tiv­en Ein­fluss. Der Smart­phone-Her­steller Apple, der engagiert an neuen AR/VR-Ser­vices für sein iPhone arbeit­et, kam in inter­nen Stu­di­en zu dem Ergeb­nis, dass es 11 mal wahrschein­lich­er ist, dass ein Kunde online ein neues Möbel­stück kauft, wenn er es zuvor per AR in das eigene Zuhause einge­baut hat. Und der Online-Taschen­händler Wanna­by berichtet, dass die Retouren um gut ein Fün­f­tel sinken, wenn Kun­den die Pro­duk­te zuvor virtuell testen konnten.

Doch wer selb­st schon ein­mal ver­sucht hat, ein Regal via AR im eige­nen Zuhause zu platzieren oder einen Sneak­er virtuell anzupro­bieren, hat vielle­icht ernüchtert fest­gestellt: So pos­i­tiv, wie viele Geräte­hersteller, Dien­stleis­ter oder Medi­en über AR/VR bericht­en, ist das Nutzer­erleb­nis in Wirk­lichkeit nicht. Oft­mals ist das Han­dling umständlich, das virtuelle Objekt klebt irgend­wo im Raum und die real­is­tis­che Größe des Möbel­stücks bleibt weit­er­hin schlecht abzuschätzen.

All das lässt sich mit ein­er guten Pro­jek­tvor­bere­itung allerd­ings ver­mei­den. André Roitzsch von der E‑Com­merce-Agen­tur SHOPMACHER hat die neun wichtig­sten Punk­te für erfol­gre­iche AR/VR-Ser­vices zusammengestellt:

1. Fra­gen Sie Ihre Zielgruppe

Um zu erfahren, welche Erwartun­gen Nutzer an die eige­nen AR/VR-Ser­vices haben, gibt es nur einen Weg: Man muss sie fra­gen, welche Funk­tio­nen sie sich wün­schen, welche Infor­ma­tio­nen sie ver­mis­sen und ob über­haupt Bere­itschaft beste­ht, solche Tech­nolo­gien auszupro­bieren. Prinzip­iell ist AR/VR keine hippe Spiel­erei, son­dern sollte konkreten Mehrw­ert für den Kun­den schaf­fen – beispiel­sweise durch eine Verbesserung der Pro­duk­t­präsen­ta­tion oder virtuelle Auf­bauan­leitun­gen, die das Ser­vice-Erleb­nis verbessern.

2. Spie­len Sie Use-Cas­es und Cus­tomer Jour­neys durch

Wie wird ein Kunde auf eine AR-Funk­tion aufmerk­sam? Wie steigt er in einen AR/VR-Ser­vice ein? Wie ver­wen­det er das Device? Und wie wird er nach der Nutzung weit­er­hin begleit­et und zum Kauf motiviert? Darüber müssen sich Unternehmen Gedanken machen, bevor sie sich an die Pro­gram­mierung machen. Ein Weg kön­nte beispiel­sweise sein, den Kun­den nach der Nutzung die 3D-Ansicht­en als Bild oder Video per E‑Mail mit Rabatt-Coupon zuzuschick­en und ihn so an sich zu binden.

3. Definieren Sie KPIs

AR/VR-Tools soll­ten nicht einge­führt wer­den, weil “man sie jet­zt haben muss”, son­dern konkrete Busi­ness-Ziele ver­fol­gen. Das kann eine verbesserte Kun­den­zufrieden­heit sein, ein verbessertes Ser­viceer­leb­nis, Einsparun­gen bei Trans­port- oder Logis­tik­in­fra­struk­tur, Senkung der Retouren­quote oder Kosten­erspar­nisse in Mar­ket­ing und Ver­trieb. Unternehmen soll­ten die für sie rel­e­van­ten KPIs definieren – und anschließend auch messen. Wer den Wert der eige­nen AR/VR-Lösun­gen mit nack­ten Zahlen bele­gen kann, steigert die interne Akzep­tanz für die Weit­er­en­twick­lung enorm.

4. Hal­ten Sie die Ein­stiegshür­den gering

Im Ide­al­fall lassen sich AR/VR-Ser­vices mit gel­ern­ten Devices und Anwen­dun­gen ver­wen­den. Explizite AR-Head­sets sind in der Bevölkerung noch nicht weit ver­bre­it­et. Entsprechend hoch ist die Skep­sis bzw. Angst, Neues oder Unge­wohntes auszupro­bieren. Die Akzep­tanz für eine AR-Anwen­dung wird auch dann sinken, wenn Nutzer dafür eigens eine App herun­ter­laden müssen. Die niedrig­ste Ein­stiegshürde ist gewährleis­tet, wenn Nutzer die AR-Funk­tion ein­fach über ihre Smart­phone-Kam­era nutzen kön­nen – im Ide­al­fall ohne Zusatzhil­f­s­mit­tel wie beispiel­sweise ein DIN-A4-Papi­er zur Kalibrierung.

5. Wählen Sie die richtige Tech­nolo­gie / Plattform

Evaluieren Sie sorgfältig, ob Sie Ihre AR-Anwen­dun­gen mit eigen­er Soft­ware wie beispiel­sweise ARK­it oder ARcore erstellen oder lieber brows­er- oder cloud­basierte Fea­tures erstellen. Ger­ade am POS muss der Ein­satz der Hard­ware gut über­legt wer­den. Auch hier ist Hard­ware, die der Kunde schon ken­nt und nutzt, beispiel­sweise Smart­phone, Tablet oder Touch­screen, im Ide­al­fall die bessere Vari­ante. Prüfen Sie zusam­men mit allen Stake­hold­ern wie IT, Mar­ket­ing, Ver­trieb und POS, welche beste­hen­den Soft­waresys­teme und Schnittstellen einzu­binden sind und wie die neue Tech­nolo­gie in beste­hende Prozesse einge­bun­den wer­den kann. Bevor Sie selb­st das Rad neu erfind­en, holen Sie sich doch ein­fach Rat in Ihrem Net­zw­erk oder bei anderen Branchenak­teuren, welche Soft­ware und welch­er Dien­stleis­ter empfehlenswert sind. Oder recher­chieren Sie, welche als gut und passend emp­fun­dene Lösung der Wet­tbe­werb oder andere Branchen nutzen.

6. Führen Sie eine Date­n­analyse durch

Hal­ten Sie vor Pro­jek­t­start fest, welche inter­nen und exter­nen Dat­en für die AR/VR-Anwen­dung notwendig sind. Entschei­den Sie, ob (per­so­n­en­be­zo­gene) Dat­en aufgeze­ich­net wer­den sollen und welche Dat­en das genau sind (Client-Telling / User-Track­ing)? Darüber hin­aus muss fest­gelegt wer­den, wo diese Dat­en gespe­ichert und wie und wozu sie anschließend ver­ar­beit­et wer­den. Auch an die eige­nen Pro­duk­t­dat­en stellen AR/VR-Ser­vices Anforderun­gen. Hier gilt es, zu klären, welche Dat­en benötigt wer­den, welche vorhan­den und rel­a­tiv ein­fach wiederver­wend­bar sind (z.B. 3D-Dat­en aus der Pro­duk­ten­twick­lung) und wer diese Dat­en wie auf­bere­it­en kann.

7. Hal­ten Sie sich an die Sicherheitsvorschriften

Bei der Ein­führung von AR/VR-Tools sind auch einige sicher­heit­srel­e­vante Aspek­te zu beacht­en. Dazu zählen beispiel­sweise der Daten­schutz nach DSGVO (bei Ton- oder Bild­mitschnit­ten und anderen per­so­n­en­be­zo­ge­nen Nutzer­dat­en wie User-Logins etc.), kri­tis­che Punk­te in der Betra­ch­tung der ITK-Sicher­heit sowie Anforderun­gen an Ergonomie oder Gesund­heitss­chutz (z.B. beim Ein­satz ein­er VR-Brille).

8. Starten Sie lieber klein als mit einem großen Big Bang

Starten Sie mit einem ein­fachen Pro­to­typen und bauen Sie diesen sukzes­sive weit­er aus, statt sich schon zu Beginn in Detail-Funk­tio­nen zu ver­strick­en. Tech­nolo­gien entwick­eln sich momen­tan sehr schnell weit­er. Was heute entwick­elt und erst in einem hal­ben Jahr gelauncht wird, kann dann bere­its ver­al­tet sein.

9. Testen, testen, testen!

Testen Sie die AR/VR-Anwen­dung mit echt­en Kun­den, beispiel­sweise am POS, um Nutzung­shür­den auf die Spur zu kom­men. Suchen Sie Test-User, die sich dazu bere­it erk­lären, die Anwen­dung regelmäßig zu testen und Verbesserungsvorschläge zu machen. Am besten eige­nen sich dazu Per­so­n­en mit hoher Eigen­mo­ti­va­tion und Neugierde, die Neuem gegenüber aufgeschlossen sind. Aber auch die soge­nan­nten DAUs (dümm­ste anzunehmende User) liefern wertvollen Input, wie die Nutzer­fre­undlichkeit der Anwen­dung noch verbessert wer­den kann.

Dass AR und VR im Online-Han­del immer mehr an Bedeu­tung gewin­nt, ist abzuse­hen. Coro­na und der mit der Pan­demie ver­bun­dene Shut­down haben Händlern und Her­stellern die Augen dafür geöffnet, dass man neue Wege find­en muss, um Pro­duk­te auch außer­halb des sta­tionären Point of Sale bess­er erleb­bar zu machen. Darüber hin­aus arbeit­en US-Riesen wie Apple, Google, Face­book & Co. mit Nach­druck daran, das Nutzer­erleb­nis in virtuellen Wel­ten zu verbessern. Für einige Branchen im E‑Commerce wird AR/VR defin­i­tiv ein Game-Chang­er. Wer bis jet­zt noch keine Erfahrung damit gesam­melt hat, sollte nicht mehr lange damit warten.

Quelle:

Pressemit­teilung Shopmacher

Pressekon­takt: Sask­ia Müller

E‑Mail:

shopmacher@saskiamueller.com